Die Mama und der Ali.


Fünf.

Es ist 1994. Michael Schumacher wird erster deutscher Formel 1 Weltmeister, Vanuatu Vollmitglied der UNESCO, Anish Giri, Schachgroßmeister russisch-nepalesischer Herkunft, wird nach 9 Monaten entbunden. Und: Mama hat mir ihren „Neuen“ vorgestellt.

Mama zu mir: „Das ist der Ali." Ich: „Hallo Ali“. Ich gebe zu, ich habe mich in dem Moment schon gefragt: „Heißt der wirklich Ali?“ Pfeilschnell ging ich alle mir bekannten Ali’s, wie in einer Diashow, vor meinem inneren Auge durch und stellte umgehend fest: „Mama’s Ali sieht gar nicht aus wie ein Ali“. Vielleicht nannte er sich so, weil er damals einen 3er BMW fuhr? Komisch, aber ich habe nie nachgefragt.

Die Erinnerung ist zwar schon etwas verblasst, aber in etwa so, muss es gewesen sein.

Natürlich habe ich Mama in der Zeit regelmäßig befragt. „Von wo kennst du denn den Ali? Wo habt ihr euch kennengelernt? Was arbeitet der Ali so? Und wie heißt der Mann wirklich?“.

Mama war geständig und hat alle meine Fragen geduldig beantwortet. Der Mann ist Ingenieur und heißt bürgerlich Mann, Albert Mann. Ich war für den Augenblick zufrieden. Ali wurde von mir für gut befunden.

Jedenfalls war dieser Albert Mann dann schon regelmäßig bei uns im Haus zu sehen. In der Martin Mayer Gasse 2, in Baden bei Wien. Was er da machte? Na bei uns wohnen. Und: „Hackln“ (Arbeiten). Denn er begann, das neu angemietete Souterrain zu renovieren. Auf eigene Kosten. Finanziell gesehen, nicht gründlich durchdacht, sind wir heute alle froh, dass er es damals wohl einfach nicht besser wusste.

Selbstverständlich war ich an der Renovierung nicht unbeteiligt. Ich durfte ihm dabei helfen, eine Wand einzureißen. Das war für mich eine sehr lehrreiche Zeit. Und ich habe sehr schnell begriffen. Begriffen, dass ich handwerklich der Typ Grobmotoriker bin. Die Konsequenz war logisch. Ich zog mich sukzessive aus dem Bauprojekt zurück. Für ein paar Stunden hatte ich tatsächlich ein schlechtes Gewissen. Heute weiß ich es. Ali war nicht unglücklich über meine Entscheidung.

Irgendwann war die Wohnung bezugsbereit. Alle waren glücklich. Ich war am glücklichsten. Denn die Wohnung hatte auch Platz für Mama.

Zu meiner Verteidigung: Ich war damals 14 Jahre alt und wohnte nun in einer WG. War das toll. Mama und Ali weit entfernt im Souterrain. Im 2. Stock die geschwisterliche Wohngemeinschaft Kunterbunt.

Ich stelle fest: 1994 war ein tolles Jahr. Für Michael Schumacher sowieso und für den Staat Vanuatu selbstverständlich auch. 1994 steht für mich aber speziell für den Beginn des „Ensembles“ Mama und Ali.

Mama und Ali.

Und dieses Duett hat seit 1994 einen, ich betone, zu 100% positiven Einfluss auf uns, die mittlerweile erwachsene Dreier-Geschwister-Bande. Übrigens auch jetzt noch.

Die Dreier-Geschwister-Bande.

Aber, ich betone abermals: Nicht jeder einzelne Tag mit uns war purer Sonnenschein. Kaum zu glauben. Marion, Julia und ich hatten eine wilde Zeit.

Die wilde Zeit.

Ich erinnere mich an Erzählungen eines Besuchs bei der Badener Stadtpolizei. Marion war die Besucherin. Nicht freiwillig. Ich glaube sie war 15 oder 16 Jahre alt. Marion ist künstlerisch begabt. Die Polizei sah das damals jedoch anders, als sie Marion erwischte, wie sie eine Hauswand mit einem Graffiti veredelte. In Begleitung von Mama durfte Marion das Revier schließlich ohne Kaution wieder verlassen.

Nun gut, ein Besuch bei der Badener Stadtpolizei ist auch mir nicht fremd. Leider kann ich mich nicht mehr an den Grund des Besuchs erinnern. Ehrenwort. Ich hatte wohl etwas angestellt. Ich schwor Mama umgehend Besserung.

Bloß Julia kam in ihrer Jugend nicht in Konflikt mit dem Gesetz. Keiner weiß warum.

Wild war auch die Schulzeit.

Speziell ich, der Erstgeborene, bin mit großer Wahrscheinlichkeit der Auslöser für das ein oder andere gefärbte sowie nicht gefärbte, graue Haupthaar der beiden.

Ein kleiner Auszug aus meiner Akte: Zwei Ehrenrunden. Wiederkehrende Einträge in diverse Klassenbücher. Eine schriftliche Bestätigung durch Mama, dass sich der Sohn auf der Exkursion (Klassenfahrt) nach London benehmen wird (sonst hätte er nicht mit gedurft). Eine Verwarnung durch die Direktion, eine weitere Verwarnung durch den Klassenvorstand. Diese und weitere (nicht erwähnenswerte) Delikte führten dazu, dass der Name „Fussi“ dank mir, Mitte/Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts, bei vielen Lehrern des Gymnasiums Biondekgasse in Baden sehr populär war. Meine Schwestern Marion und Julia fanden diesen Umstand nicht immer toll.

Zudem durfte ich zwei Jahre in Folge zu Schulbeginn Hausarrest absitzen. Zwei Wochen lang. Ausgesprochen von Mama. Meine Lehren daraus: Die Mama lügt man nicht an.

Anekdote am Rande: Um den Hausarrest elegant zu umgehen, gab es nur eine einzige Möglichkeit. Ich musste den Schäferhund von Onkel Seppi ausführen. Ich pfiffiges Kerlchen. Aber es gab einen Haken. Buck, so hieß das liebe Tier, war Fremden gegenüber eher skeptisch. Sein Motto: Zuerst beissen, dann erst schnuppern. Es gibt weitaus bessere Voraussetzung, für gesellige Treffen mit Freunden und einem Hund.

Ich und Buck.

Und weil ich so ein braver Sohn und Schüler war, haben sie mir und einem ähnlich braven Freund, auch irgendwann das Militärgymnasium in Wr. Neustadt gezeigt. Kaum angekommen, schwor ich schon wieder Besserung. Max, so heißt der Strolch, tat dies ebenso.

Ja, artig zu sein war nicht meine Stärke. Aber: Nichts anderes konnte man von mir erwarten. Denn: Die meisten Tipps aus der Kategorie „Wie überlebe ich das Gymnasium Biondekgasse“ wurden von einem gewissen Ali an mich weiter vererbt.

Mama’s Tipps waren unkonventioneller. Da hätten wir zum Beispiel die „Blanko-Entschuldigungen“. Kaum zu glauben, aber eine Tatsache. Julia hatte von Mama, die übrigens selbst Lehrerin ist, zu Beginn eines Schuljahres einen Stapel „Blanko-Entschuldigungen“ (inklusive Mama’s Unterschrift) bekommen. Wofür? Damit die kleine Schwester passable Noten nach Hause bringt. Und aufräumt. Und den Müll vor die Tür bringt.

Apropos „Blanko-Entschuldigungen“. Für Marion gab’s keine. Kein Problem für Marion. Die junge Dame, die Graffitis an die Wand sprühte und bereits von der Polizei abgeführt wurde, hatte keinen innerlichen Konflikt, Mama’s Unterschrift zu fälschen. Bei ca. 300 Fehlstunden in der 6. Klasse (10. Klasse) wurde fleißig geübt. Mama kam dennoch dahinter.

Irgendwann war die wilde Schulzeit vorbei. Wir haben nacheinander die Matura (das Abitur) bestanden. Mama und Ali waren jedes Mal sehr froh darüber. Und ein bisschen stolz.

Selbstverständlich waren beide nach unserer Schulzeit noch immer für uns Kinder da. Mit Rat und Tat und viel Gespür. Denn irgendwann stellten wir uns drei die gleiche Fragen: „Was kommt jetzt? Wie geht die Reise weiter?“.

Ich habe mir diese Fragen sehr oft gestellt. Ich vermute, Mama und Ali haben sich dank mir, diese Fragen noch öfters gestellt. Nach meiner sehr erfolgreichen Schulzeit, grundsätzlich nachvollziehbar.

Und konnten sie meine Fragen beantworten? Nein. Denn diese Fragen hat man sich schon selbst zu beantworten. Viel wichtiger aber: Sie haben mir dabei geholfen, Antworten auf meine Fragen zu finden. Denn ohne sie, hätte ich den Weg, den ich gegangen bin, nicht gehen können.

Ich würde ich jetzt nicht in Frankfurt wohnen und zudem würde ich auch nicht so ein wunderschönes, bundesdeutsches Hochdeutsch sprechen.

Die Wege von Marion und Julia kristallisierten sich Dank Mama und Ali etwas schneller heraus als bei mir. Aber das sind andere Geschichten.

In diesem Sinne: Dankeschön!

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